Die Arbeitswelt ist im Umbruch. Viele sehen nun in diesen Zeiten eine Chance, sich endlich einen Ruck zu geben und den langersehnten Traumjob als Bildungsfachperson, Mentor/in oder Coach auszuüben. Vor allem für den Bereich Coaching steigt die Nachfrage rasant.
In einem Berufszweig ist die Nachfrage in den letzten Jahren stark gestiegen: im Bereich Coaching und Betrieblichem Mentoring. Hier ist in vielen Unternehmen der Bedarf gross, denn mit der Covid-Situation gingen und gehen noch immer Veränderungen innerhalb der Betriebe einher: Umstrukturierungen, Job-Rotation, neue Rollen und Aufgaben. Und leider auch Entlassungen. Aber auch ohne grosse strukturelle Veränderungen sind Coaches in diesen Zeiten gefragte Leute. «Ein professioneller Coach versteht es, zum Kunden eine tragende Beziehung in einer vertrauensvollen Atmosphäre aufzubauen. Er macht auch mögliche Tabus zum Thema und schafft so Raum für neue Erfahrungen und oft unerwartete Perspektiven und Lösungen. Es lohnt sich mit anstelle gegen innere Widerstände mitzugehen. Dabei ist ein systemisches Vorgehen im Hier und Jetzt zentral sowie das vom Kunden anvisierte Ziel. Dass daraus mögliche Lösungen mit konkreten Massnahmen resultieren sollen, ist vor allem auch im Sinne von allfälligen Dritten als Auftraggeber», sagt Regina Widmer, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Lernwerkstatt Olten.
Regina Widmer ist bei der Lernwerkstatt Olten zuständig für die Organisations- und Personalentwicklung und leitet den Bereich «Produkte und Entwicklung Coaching/Mentoring». Als Betriebsökonomin hat sie vor über 20 Jahren via Qualitätsmanagement die Passion für die Organisations- und Personalentwicklung entdeckt. Nach der Höheren Fachprüfung zur eidg. dipl. Betriebsausbilderin und der Weiterbildung zur BSO anerkannten Organsationsberaterin/Coach sammelte Regina Widmer parallel zu ihrem Engagement bei der Lernwerkstatt über mehrere Jahre Erfahrungen als Beraterin in Aus- und Weiterbildungsinstituten sowie öffentlichen Spitälern und Privatkliniken. Wir haben mit ihr über den «Trendberuf Coach» gesprochen.
Regina Widmer, was sind die Voraussetzungen für ein gutes Coaching?
R. Widmer: Ein Coaching gelingt, wenn der Coach klar und sicher durch den Prozess führt und dabei empathisch auf die Anliegen und das Wesen des Kunden eingeht. Als Coach bin ich nicht Teil der Lösung, sondern behalte eigene gemachte Erfahrungen sowie allfällige Tipps für mich. So bleibt die Verantwortung klar beim Kunden, passend zu seiner persönlichen Fragestellung.
Was unterscheidet Coaching von einer klassischen Beratung?
Eine Beratungsperson engagiert man, wenn man auch von deren Expertise profitieren will. Ein Coach hingegen begleitet vielmehr den Prozess zur Lösungsfindung. Er arbeitet vor allem mit den Ressourcen des Kunden und fördert so dessen Autonomie. So unterstützt er die Kundin bei der Erarbeitung von Varianten und führt professionell durch den Coachingprozess.
Wie sieht das Verhältnis zwischen Coach und Klient optimaler Weise aus?
Im Idealfall begegnen sich Coach und Coachee auf Augenhöhe, mit Wertschätzung und gegenseitigem Respekt.
Inwiefern muss ein Coach auch Kompetenzen aus dem Bereich der Psychologie mitbringen?
Die psychologischen Grundkonzepte dienen als Fundament für die Begleitungsarbeit. Ist dieses Basiswissen nicht vorhanden, so ist ein Coaching nur zufällig wirksam. Es ist einIrrglaube, dass alleinige Intuition für ein erfolgreiches Coaching genügt.
Wie meistert ein Coach den Spagat zwischen menschlicher Nähe und professioneller Distanz?
Es ist eine hohe Kunst, stets die richtige Balance zwischen pacing und leading (mitgehen und führen) zu finden, damit man den Kunden im Coachingprozess nicht verliert. Zugunsten einer tragenden Lösung spricht ein professioneller Coach auch weniger angenehme Punkte an, die während des Gesprächs auffallen. So dient er der Kundin als wertvoller, aufmerksamer Zuhörer, spiegelt und interveniert dabei mit unterschiedlichen Tools.
Welche Rolle spielt der Einsatz von technischen Tools beim Coaching?
Mit Corona ist die Digitalisierung auch im Coaching angekommen. Viele Tools stehen heute digital zur Verfügung. Es herrscht inzwischen weitgehend Einigkeit, dass Online-Coaching im Vergleich zu physisch-präsentem Coaching qualitativ ebenso gehaltvoll sein kann. Coaches, welche über Online-Kompetenzen verfügen, haben daher einen Marktvorteil. Bei der Lernwerkstatt Olten haben wir diese Entwicklung aufgenommen. Ab dem nächsten Jahr gibt es bei uns im Bereich Coaching und Betriebliches Mentoring nur noch Lehrgänge im Blended Learning-Format. Unsere Teilnehmenden sollen somit für das physische, als auch für das Online-Coaching fit gemacht werden.
Wie lassen sich die Resultate von Coaching-Massnahmen bewerten?
Im Idealfall formuliert der Kunde bereits zu Beginn des Coachingprozesses Beurteilungskriterien, wann das Coaching für ihn ein Erfolg ist. Den Fortschritt kann der Coach dann gut mit darauf beziehende Skalierungsfragen messen.
Was kann ich persönlich unternehmen, um meine Coaching-Fähigkeiten zu stärken?
Unerlässlich ist eine fundierte Ausbildung. Die Lehrgänge der Lernwerkstatt Olten bestehen aus drei Bausteinen und total 36 Ausbildungstagen während rund zwei Jahren. Während der Ausbildung wird auch die eigene Reflexionsfähigkeit gestärkt und gezielt weiterentwickelt. Wichtig ist es, zu einer differenzierten Rollenklarheit zu gelangen. Coachings anzubieten ist das eine, Coach zu sein das andere. Und dann heisst es: Üben, üben, üben.
Wie finde ich im riesigen Angebot die passende Weiterbildung für mich?
Das Weiterbildungsangebot ist in der Tat gross, die Ausschreibungen sind oft unspezifisch formuliert. Deshalb empfiehlt es sich, auf transparente Ausschreibungen mit klar definierten Zielen und Inhalten zu achten. Daraus wird auch die Ausrichtung des Bildungsanbieters ersichtlich. Die Lernwerkstatt Olten fokussiert sich auf das ressourcenorientierte Coaching und betriebliche Mentoring. Das heisst, wir bilden beispielsweise keine Sportcoaches aus. Durch das Abgleichen der eigenen Bedürfnisse mit der Anbieterausrichtung schränkt sich dann der Kreis bereits ein. Eidg. Abschlüsse, wie beispielweise der Fachausweis «Betriebl. Mentor/in» stehen zudem für Qualität. Und dann heisst es: Sich Informieren via Bildungsplattformen, Anbieterwebseiten, Beratungsgespräche, Infoabende, Referenz von Lehrgangsabgängern und so weiter.