Viele Branchen-Expertinnen und -Experten blicken jeweils gegen Jahresende in die Glaskugel und versuchen, die Zeichen der Zeit und die Trends zu deuten. Manche Trends erweisen sich sogar als überaus treffend. So auch im Weiterbildungssektor: Der aktuelle SVEB-Branchenmonitor sagt ein verändertes Anmeldeverhalten von Teilnehmenden, omnipräsenten Personalmangel und einen harten Wettbewerb voraus. Dennoch geht man von einer leicht positiven Branchenentwicklung aus.
Jedes Jahr erfasst der SVEB-Branchenmonitor aktuelle Entwicklungen und Tendenzen des Weiterbildungsmarktes. Auf der Basis periodischer Anbieterbefragungen werden die Entwicklungen in den Weiterbildungsinstitutionen mithilfe von vier Dimensionen erfasst: Die wirtschaftliche Situation, das Angebot, die Nachfrage und der Personalbestand. Parallel dazu untersucht der SVEB mehrere Trends in der Weiterbildung in Bereichen wie Professionalisierung und Digitalisierung. Mit dem Branchenmonitor werden diese und weitere Tendenzen beurteilt und mögliche Prognosen für die weitere Entwicklung der Branche angestrebt.
Daniel Herzog, CEO der Lernwerkstatt Olten, ist seit Jahrzehnten einer der aufmerksamsten Beobachter der Entwicklungen in der Weiterbildungsbranche und hat schon bei manchen Beurteilungen zu den Trends in der unmittelbaren Zukunft erstaunlich genaue Voraussagen getroffen. Wie schon in den Jahren zuvor haben wir uns also auch diesmal an ihn gewendet und ihm einige Fragen zu den Herausforderungen gestellt, denen sich die Weiterbildungsanbieter/innen in naher Zukunft stellen müssen:
Daniel Herzog, die Weiterbildungsanbieter stehen 2024 erneut vor grösseren Herausforderungen. Kann man zusammenfassen, welche nächstes Jahr besonders auf sie warten und welche allenfalls die grösste sein wird?
Daniel Herzog: Die Digitalisierung begleitet die Lernwerkstatt schon länger. Wir sind daran alle unsere Systeme zu vernetzen und Prozesse zu automatisieren. Die dadurch freiwerdende Zeit wollen wir in die Beratung und Begleitung unserer Kundinnen und Kunden investieren. Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) ist zum Megatrend avanciert. Die KI wird die Gesellschaft und auch die Bildung radikal verändern. Alle Weiterbildungsanbieter sollten sich jetzt mit Digitalisierung und KI beschäftigen, wenn sie in fünf Jahren noch am Markt sein wollen.
Was stimmt die Weiterbildungsanbieter trotz aller neuen Herausforderungen optimistisch für die nächsten zwei bis fünf Jahre?
Die Nachfrage nach Bildung ist und bleibt gross. Digitalisierung und KI eröffnen auch ganz neue Möglichkeiten. Dank Online-Unterricht hat man plötzlich den Markt «Welt» und rund um die KI können neue Angebote entwickelt werden, beispielsweise für das individualisierte Lernen.
Welche konkreten Massnahmen seitens Anbieter gibt es, um generell die Motivation zur Weiterbildung zu fördern?
Die Motivation für Weiterbildung sollte von den Teilnehmenden selber kommen. Wir Bildungsanbieter können ein motivierendes Lernumfeld schaffen, beispielsweise mit Dozierenden, die mit Begeisterung unterrichten oder mit einer abwechslungsreichen und aktiven Methodik.
Welche Trends werden förderlich sein für ein gesteigertes Interesse an der beruflichen Weiterbildung?
Die Digitalisierung, der technologische Wandel und der Fachkräftemangel werden aus meiner Sicht in den nächsten Jahren die Haupttreiber für die berufliche Weiterbildung bilden.
Was tut konkret die LWO, um die Zielgruppe beziehungsweise die unterschiedlichsten Zielgruppen zu erreichen?
Wir versuchen mit unseren Angeboten immer nahe an den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden zu sein. Unsere Lehrgänge finden zwischenzeitlich fast ausnahmslos im Blended Learning-Format statt. Teilweise sogar zu 100 Prozent in Form von virtuellem Unterricht, wie beispielsweise der Lehrgang «HR-Assistent/in HRSE». Aktuell entwickeln wir ein umfangreiches Angebot rund um das Thema «Künstliche Intelligenz in Bildung und Coaching». Aber auch unsere Berufsbildungs-Events, der Coaching-Mentoring-Event und die Ausbilder-Akademie sind Formate die bei unserer Zielgruppe sehr beliebt sind.
Der SVEB-Branchenmonitor 2023
In den letzten Jahren haben Weiterbildungsanbieter den Einbezug digitaler Technologien in den Unterricht gemeistert und damit eine neue Realität geschaffen: Heute dominiert in der Weiterbildungspraxis die Verbindung von Online- und Präsenzunterricht. Doch die Anbieter stehen bereits vor neuen Aufgaben: Das explosive Wachstum von künstlicher Intelligenz sowie Trends wie Flexibilisierung verlangen erneut Reaktionen und Anpassungen. Auch der Fachkräftemangel beschäftigt die Weiterbildungsinstitutionen derzeit. Zusammen mit einem veränderten Anmeldeverhalten und einem starken (internationalen) Wettbewerb sehen sich die Weiterbildungsanbieter vor grossen Herausforderungen. Die Umfrageergebnisse bei den Weiterbildungsanbietern zeigen eine leicht positive Branchenentwicklung im Jahr 2022 und ebenso positive Erwartungen für das laufende Jahr 2023. Die zurzeit grösste Herausforderung sehen die Befragten im verschärften Wettbewerb, der unter anderem von internationalen Online-Angeboten angetrieben wird.
Quelle: SVEB