Bis zuletzt wurde debattiert, ob die Kantone beziehungsweise in übergeordneter Funktion sogar der Bund nach den Sportferien 2020 den Schulbetrieb weiterlaufen lassen sollen. Auch bei den Weiterbildungsinstituten musste reagiert werden. Schliesslich lancieren sich Jahr für Jahr Tausende in eine (berufliche) Weiterbildung. Fakt ist, dass diese Herausforderung deutlich macht, dass man in Zukunft wohl immer wieder mit alternativen Methoden beim Wissenstransfer arbeiten muss.

Digitale Alternativen zum Präsenzunterricht sind in den Weiterbildungsinstituten seit einigen Jahren erwünscht und im Trend. Nun, im Zuge der Coronavirus-Situation mit allen begleitenden Faktoren, sind die Weiterbildungsanbieter/innen froh, diesem Trend gefolgt zu sein. Auch wenn man sich gewünscht hätte, dass die Forcierung der alternativen Unterrichtsmethoden in einem anderen Kontext vonstatten gegangen wäre.

Bei den Anbietern für berufliche Weiterbildung liefen die Vorbereitungen auf die vom Bundesamt für Gesundheit BAG empfohlenen Umsetzungen heiss. Kein Wunder, sind doch aktuell in der Schweiz mehr Personen als je zuvor in einer beruflichen Weiterbildung eingebunden. Der Anteil der Erwerbstätigen, die einen Abschluss an einer Hochschule oder einer höheren Berufsbildung gemacht haben, ist in den letzten 15 Jahren von 22 auf 35 Prozent gestiegen. Damit liegt die Schweiz im Europäischen Vergleich im vorderen Bereich. Dieser tertiären Bildungsstufe werden sowohl Fachhochschulen, höhere Fachschulen wie auch Berufsprüfungen und Höhere Fachprüfungen zugeordnet. Während Erstere als Hochschulen klassifiziert und institutionell anerkannt sind, stellen die Höheren Fachschulen (HF), Berufsprüfungen und Höheren Fachprüfungen einen Teil der höheren Berufsbildung dar. Laut Prognosen des Bundesamtes für Statistik dürften ab 2025 über die Hälfte der erwerbstätigen Bevölkerung über einen Tertiär-Abschluss – via Hochschule oder einer höheren Berufsbildung – verfügen. Demnach ist es also eminent wichtig, dass auch diese Weiterbildungsinstitute bei der Coronavirus-Prophylaxe mitziehen.

Bildung von Pandemie-Teams

Die Lernwerkstatt Olten zum Beispiel – mit ihrem umfangreichen Angebot im Bereich Ausbildungen für Bildungsfachleute, Coaches und Mentoren – hat als Marktführerin eine gewisse Vorbildfunktion. So hat man jene Massnahmen ergriffen, die auch vom BAG empfohlen wurden: Bis auf weiteres gibt es Zutrittseinschränkungen für Personen, die sich in Risikogebieten aufgehalten haben oder Grippesymptome aufweisen. Auch die aktuellen Verhaltensmassnahmen des Bundes sind in den Räumlichkeiten angeschlagen und die Sensibilisierung für eine konsequente Umsetzung der Hygienemassnahmen geschieht laufend. Lernwerkstatt CEO Daniel Herzog: «Für Bildungsanbieter ist es aktuell ein Risiko, ihre Kursleitenden an gemeinsamen Veranstaltungen zu haben. Falls jemand nach einer Veranstaltung erkrankt, könnten Kontaktpersonen unter Quarantäne gestellt und der Schulbetrieb somit nicht mehr aufrecht erhalten werden. Deshalb haben wir für die kommenden Tage geplante Kursleitermeetings abgesagt oder führt diese online per Zoom durch.» Wie in allen Firmen gilt es zu verhindern, dass wegen Erkrankungen von einzelnen Mitarbeitenden die ganze Belegschaft unter Quarantäne gestellt wird. Hier gäbe es, so Herzog, Möglichkeiten der räumlichen oder zeitlichen Trennung der Mitarbeitenden oder Homeoffice. «Die Lernwerkstatt ist dezentral organisiert, Homeoffice wird seit 20 Jahren gelebt. Intern wurde ein Pandemie-Team gebildet und aktuell werden auf Basis des intern erarbeiteten Pandemieplanes weitere Massnahmen vorbereitet – immer mit dem Ziel die Gesundheit der Mitarbeitenden, Kursleitenden, Teilnehmenden und Risikogruppen nicht unnötig zu gefährden», so Herzog weiter.

Aktuell stelle man jedoch seitens der Teilnehmenden keine grösseren Verunsicherungen fest. Alle akzeptieren die Verhaltensregeln des Bundes und wollen ihren Beitrag zur Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus leisten und sich so speziell auch mit Risikogruppen solidarisch zeigen. Die Lernwerkstatt Olten habe bereits frühzeitig in der Coronavirus-Krise empfohlen, vorläufig auf das Händeschütteln zu verzichten, was natürlich etwas ungewohnt war. Daniel Herzog stellt zudem auch keine Anzeichen für eine Absagewelle an Seminaren oder Kursen fest: «Bis heute hat sich nur ein Teilnehmer abgemeldet, da sein Betrieb bis auf weiteres die Teilnahme an externen Veranstaltungen aussetzt.»

Steigende Nachfrage nach Digital und Blended Learning und Webinare?

Wer bereits schon auf neue Möglichkeiten des Wissenstransfers gesetzt hat, dem kommt dies derzeit zugute: Die Nachfrage nach Digital und Blended Learning, Webinare und so weiter könnte nun steigen. Die Lernwerkstatt ist bereits seit einiger Zeit daran, die Vorteile der Digitalisierung mit dem bewährten Präsenzunterricht zu kombinieren. Daniel Herzog: «Wir haben bereits ein umfangreiches Angebot entwickelt, siehe www.digital-training.ch. Auch in der Kommunikation zwischen den Mitarbeitenden und Kursleitenden setzen wir zunehmend auch digitale Mittel ein. Diese Erfahrungen helfen uns aktuell beispielsweise die nächste Woche stattfindenden Kursleitermeetings kurzfristig statt in Präsenzform als Zoom-Sitzung abzuhalten. Aktuell planen wir auch zusätzlich zu unseren Infoveranstaltungen vor Ort solche in Onlineform anzubieten.»

«Digitale Kongresse» als Alternative bald Normalität?

Sollte die Coronavirus-Problematik über viele Monate einschneidend den Präsenzunterricht stören, könnte sich der Trend zu den alternativen Wissenstransfer-Methoden wie Blended und Digital Learning sowie Webinaren beschleunigen. «Falls sich der Virus aber in wenigen Wochen eindämmen lässt, was wir alle hoffen, sehe ich keine grösseren Auswirkungen auf die Geschwindigkeit der Digitalisierung in der Bildung, der Mensch vergisst ja bekanntlich sehr schnell. Ich sehe vor allem Grossveranstaltungen wie Kongresse in Gefahr wo sich Tausende Menschen treffen», so Herzog weiter. Hier könnte tatsächlich eine Verhaltensveränderung in Richtung «Digitale Kongresse» stattfinden, fügt er hinzu. Wichtig ist und bleibt aber: Der Mensch lebt von der Begegnung und von sozialen Kontakten. «Daher wird das Präsenzlernen auch vor dem aktuellen Hintergrund mittelfristig nicht verschwinden. Wie wir aber in 50 oder 100 Jahren lernen werden, da wage ich keine Prognosen», so Herzog.

TEKO Basel: «Präsenzunterricht bleibt auch in Zukunft wichtig»

Auch in der Höheren Fachschule für berufliche Weiterbildung TEKO Basel – die in ähnlicher Form die empfohlenen Massnahmen des BAG in ihren Räumen umsetzt – ist man dieser Meinung: Blended und Digital Learning seien gute Varianten, um das Lernen in der «vollbeladenen Zeit» von heute zu unterstützen. Schulleiterin Terry Tschumi: «Die TEKO verfügt schon seit längerer Zeit über verschiedene Plattformen wie das Office 365 mit OneDrive, Teams und verschiedenen anderen Applikationen, welche sowohl Dozierenden sowie Studierenden zur Verfügung stehen. Gerade in dieser Zeit der Ausbreitung des neuen Coronavirus’, in der bei geringsten Anzeichen einer Krankheit empfohlen wird, zu Hause zu bleiben, um die Mitmenschen möglichst nicht anzustecken, sind solche Plattformen hilfreich und kommen je nach Szenario mehr oder weniger zum Einsatz.»

Aber auch Terry Tschumi betont wie Daniel Herzog, dass der persönliche Kontakt zwecks Austausch beim Unterrichten weiterhin im Vordergrund stehe: «Obwohl die TEKO als Schule im technischen und wirtschaftlichen Bereich immer mit den modernsten Unterrichts-Mitteln unterwegs ist, ist der persönliche Kontakt zwecks Austausch nicht zu ersetzen. Der Mix macht es aus! Wichtig ist dabei, als Schule flexibel auf die jeweilige Situation und die Bedürfnisse eingehen zu können.»