Wer erinnert sich nicht an die «Affäre des Jahres» 2018: Der Druck durch die Pierin Vincenz-Affäre war enorm auf die Geschäftsleitung und den Interimspräsidenten. Raiffeisen-CEO Patrik Gisel ist Ende 2018 zurückgetreten und Interimspräsident Pascal Gantenbein sprang für einige Monate ein, bis dass mit Guy Lachappelle ein neuer Chef gefunden wurde. In solchen Fällen ist innerbetrieblich natürlich auch Betriebliches Mentoring gefragt.
Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist – egal ob bei grösseren Konzernen oder auch bei mittelständischen KMU – dass Betriebe über ein gutes Interimsmanagement, sprich eine adäquate Interimslösung zu verfügen oder wenigstens jene Leute zur Hand zu haben, die schnell und effizient «übernehmen» können und Führungslücken füllen. Dies gelte, so sagen Arbeitsforscher/innen, meistens bei Posten im mittleren oder höheren Kader. Denn da sind kurzfristige und schnelle Lösungen am meisten gefordert. Gefordert sind hierbei natürlich auch die Betrieblichen Mentorinnen und Mentoren. Denn sie bereiten jene vor, die als Interimsmanagerinnen oder -manager einspringen sollen oder gar als Nachfolger/innen amtieren werden. Viele entscheiden sich aber auch für eine externe Lösung. Der Grund: Der kurz- bis mittelfristige Einsatz eines «Interim Managers» bietet Vorteile und Chance zugleich, da er sich neutral, vorbehaltslos und unvoreingenommen auf Problemlösungen und Projekte konzentrieren kann. Das Wissen und die Erfahrung «von aussen» sowie neue Impulse und Ideen ermöglichen einen breiteren Blickwinkel.
Schnell handeln oder antizipieren und so den Kollateralschaden vermeiden
Das bestätigt auch Dr. Matthias Schweizer der sich mit seinem Unternehmen Moncrier auf Überbrückungslösungen im Sozial- und Gesundheitswesen spezialisiert hat. Er ist ein Beispiel dafür, wie man sich erfolgreich als Mentor/in und Coach etabliert und auch eines dafür, wie gefragt diese Leute sind. Schweizer ist aktuell sowohl Interimsmanager wie auch als Mentor und Coach für Kaderleute im Auftrag von Unternehmen tätig. Er war jahrelang in leitenden Funktionen in diesem Branchensegment tätig, mit Schwerpunkt der Organisationsentwicklung sowie Expertise in Marketing, Personalwesen und Freiwilligenmanagement, insbesondere als langjähriger Dienstleister für Kantone und Gemeinden. Schweizer leitete ferner Digitalisierungs-Projekte, verfügt über Know-how in Qualitäts-, Risikomanagement und IKS und weiss dementsprechend, worauf es inhaltlich aber auch atmosphärisch ankommt, wenn ein kühler Kopf und lösungsorientiertes Handel gefragt ist: «Interim-Einsätze dienen zur Überbrückung von Engpässen und ermöglichen, in einem begrenzten Zeitraum, Problemlösungen in die Wege zu leiten. Diese sichern den Betrieb und helfen, wirtschaftlichen Schaden bei unvorhergesehenen Ereignissen zu vermindern. Als Mentorin oder Mentor ist man da genau so gefragt wie als Analytikerin beziehungsweise Analytiker.»
Besonders gefragt im Sozial- und Gesundheitswesen
Im Sozial- und Gesundheitswesen ist die Nachfrage nach solchen Interimslösungen gestiegen. Denn diese Branche steht seit Jahren vor zunehmenden (neuen) Herausforderungen. Der Schwerpunkt liegt auf der Finanzierung des steigenden Bedarfs an Versorgungs-, Betreuung- und Beratungsleistungen. Der Spagat zwischen Markt und kantonalen Bestimmungen, insbesondere hinsichtlich der zunehmenden gesetzlichen Qualitätsanforderungen, erschwert zusehends die Stabilität und Nachhaltigkeit der zu erbringenden Dienstleitungen. «Infolgedessen verstärkt sich der Druck zur Effizienz-Steigerung der Betriebsabläufe zu einer stärkeren Kundenorientierung durch Personalentwicklung sowie zur unabdingbaren Abwägung von Nutzenpotential und tatsächlichem Erfolg. Unter anderem geschieht dies aufgrund der intensivierten Digitalisierung. Vor diesem Hintergrund können Ausfälle von Schlüsselpersonen beziehungsweise kurzfristiger Bedarf an spezialisiertem Wissen in Bezug auf die Qualität, Stabilität und Nachhaltigkeit ein Risiko darstellen», so Dr. Matthias Schweizer. Eine Überbrückungslösung bei Betriebs-, Organisations- oder Führungs-Engpässen vermindere also Risiken im Betrieb und im Kostenbereich und dient der Entwicklung nachhaltiger Lösungen, so der Basler Experte weiter.
Risiken durch ein unerwartetes Führungsvakuum
Wenn ein Unternehmen zu spät reagiere, entstünden Risiken durch ein unerwartetes Führungsvakuum, das Unsicherheit in der Belegschaft, Grabenkämpfe oder Kompetenzgerangel auslöst. Aber auch, wenn die Last der Überbrückung ungerecht verteilt wird und die Mitarbeitenden durch Zusatzaufgaben überfordert werden: «Dann häufen sich Pendenzen, der gesetzliche Auftrag wird mangelhaft oder gar nicht mehr umgesetzt, die Verbindlichkeiten werden nicht mehr eingehalten und externen oder internen Partnern fehlt eine entscheidungs-, beziehungsweise eine weisungsbefugte Ansprechperson.»
Ein weiterer Risikofaktor sei die Initialisierung neuer Projekte, der Auf-/Ausbau einer neuen Geschäftseinheit oder eine Neuausrichtung der Organisation. Unter Zeitdruck fehlen die nötigen Management-Kompetenzen, die personellen Ressourcen, die erforderliche Infrastruktur oder das erforderliche Fachwissen. Uneinigkeit in der Ausrichtung, auch unverständliche Entscheide, führen zu schwindendem Rückhalt in der Belegschaft. Dies könne zu Fehlentwicklungen wie Kostenüberschreitung und Nichteinhaltung der gesetzlichen Standards führen. Demzufolge steigt der Druck auf das Aufsichtsgremium. Entscheidungen müssen nachträglich korrigiert werden und die Gefahr eines Reputationsschadens wächst. Eine nachhaltige Sicherung der angestrebten Veränderung ist nicht möglich. Der Einsatz eines Interim-Spezialisten dürfte sich in solchen Situationen positiv auswirken.