Die IT-Systemvernetzung steht jetzt und in den nächsten Jahren in einem Paradigmen­wechsel: weg von einem «Gesamtsystem» hin zu einem IT-Ökosystem. Das Bewusstsein, dass es die eierlegende Wollmilchsau nicht gibt, wächst laufend. Warum diese Veränderung auch in der Bildungsbrache stattfindet, und die Gründe dafür, werden in diesem Artikel erklärt.

Software durchdringt alle Bereiche der Arbeitswelt und der Gesellschaft. Die öffentliche Verwaltung, die Leitung, Organisation und Produktion in Unternehmen und auch der private Alltag sind ohne Software nicht mehr vorstellbar. In jedem Haushalt finden sich softwaregesteuerte Geräte. Die kontinuierliche Steigerung von Grösse und Funktionalitäten softwareintensiver Systeme hat dazu geführt, dass Softwaresysteme zu den komplexesten von Menschen geschaffenen Systemen gehören.

Was ist ein IT-Ökosystem?

IT-Ökosysteme sind komplexe, adaptive Systeme beziehungsweise komplexe Systemverbünde von interagierenden, autonomen Einzelsystemen, die als Ganzes adaptiv sind, da sie ein besonderes Anpassungsvermögen zeigen. Zentral sind die Autonomie der Einzelsysteme, die Komplexität der Interaktion zwischen diesen im IT-Ökosystem und die daraus resultierende Adaptivität.

Dabei müssen auch die unterschiedlichen Lebenszyklen der Einzelsysteme betrachtet werden. Hierin liegt auch ein wichtiger Unterschied zum traditionellen hierarchischen Systemverständnis. Ein IT-Ökosystem besteht aus autonomen Einzelsystemen, deren Verhalten und Interaktionen sich über die Zeit verändern. Diese Veränderungen sind in der Regel nicht zentral geplant, sondern resultieren aus unabhängigen Prozessen und Entscheidungen innerhalb und ausserhalb des IT-Ökosystems.

Warum klappt dies in der Bildung nicht?

Einer der Gründe, warum ein Ökosystems nicht klappt, liegt darin, dass von einem Kernsystem ausgegangen wird. Dies kann eine zentrale Datenbank, ein Excel, eine spezifische Software etc. sein, welche aufgebläht wird und in den Jahren zu einem Klumpenrisiko wird. Der Austausch von solchen Systemen ist dann schwierig oder wird gar unmöglich.

Bei Bildungsunternehmungen/Schulen liegt die Betrachtung der IT und der Leitung meist auf der Verwaltung und auf der Optimierung der internen Prozesse. Lehrpersonen und Lernende werden meist nicht genügend in die Prozesse eingebunden, sie sind häufig autonom in der Wahl der Software. Dieser Ansatz lässt viel Freiraum, ermöglicht jedoch andererseits kaum medienbruchfreies Arbeiten, da die Daten, welche bereits in Systemen vorhanden sind, nicht an Umsysteme weitergegeben werden.

Konkrete Beispiele sind die Nutzung von Microsoft Teams und Zoom. In der Zeit von Corona wurden unzählige Remote-Sitzungen abgehalten mit grossen Datenansammlungen. Nach der Zeit von Corona sind die meisten Teams noch aktiv inklusive den Daten und den Lernenden. Mit dem Ansatz einer IT-Ökosystemlandschaft würde jetzt versucht, den pädagogischen Bereich in die Systemlandschaft zu integrieren. Mit «integrieren» ist gemeint, dass die Erstellung von Teams und auch das Löschen von internen Policies abhängen, welche mit der Schulleitung und den Lehrpersonen definiert wurden.

Case-Beispiel für ein IT-Ökosystem

Bevor der Gedanke eines IT-Ökosystem entwickelt wird, sollte eine Analyse gemacht werden, welche die Bedürfnisse analysiert. Wir sehen häufig den Fehler, dass Verantwortliche sofort in Applikationen wie CRM, Schulverwaltungssoftware, LMS etc. denken, ohne zuerst ihre eigenen Bedürfnisse zu verstehen oder die Bedürfnisse der Unternehmung zu kennen.

Nach der Erhebung der Bedürfnisse sind die Datenflüsse zu definieren. Mit Datenflüssen ist gemeint, wo die Entry-Points und die Exports sind. Nur so kann ein medienbruchfreies Arbeiten ermöglicht werden, um

  • hohe Vernetzbarkeit und die Einmal-Erfassung zu gewährleisten
  • die richtigen Kompetenzen der Applikationen zu nutzen und
  • Möglichkeit zu bieten, Abteilungsspezifische Applikationen zu integrieren.

Die Abbildung unten ist ein reales Praxisbeispiel, wo die Kursanmeldungen über die Webseite entgegengenommen werden. Diese Daten werden in ein CRM-System übergeben, wo anhand der Verkaufschancen die Wahrscheinlichkeit eingeschätzt wird, ob der Lead ein Kunde wird oder nicht. Das beinhaltet auch die gesamte Kommunikation zu den Kunden/Lernenden. Erst bei Zusage von einem Kunden werden die Daten in eine Kurs-/Schulverwaltungssoftware übergeben. Von dort werden die späteren Klassen in Teams aktiviert oder auch deaktiviert und die Teilnehmenden in ihren korrekten Rollen zugefügt. Auch kann hier eine Buchhaltungssoftware wie Abacus, Sage usw. angesteuert werden.

Auf den Punkt gebracht, zeigt dieses Beispiel, dass die moderne Bildung nicht von einem System bedient werden kann. Es ist ein Verbund von Systemen, welche ihre Kernkompetenzen komplementär ergänzen. Der Ansatz des Ökosystems ermöglicht, dass Systeme modular ergänzt oder auch ausgetauscht werden können, wenn diese End-of-Life sind.

IT-Ökosystem in der Bildung.