Das Jahr neigt sich dem Ende zu und branchenübergreifend wird Bilanz gezogen. So unter anderem in der Weiterbildungsbranche, wo auch im 2022 wieder so einiges in Bewegung geriet.
Eines der Phänomene in der Weiterbildungsbranche in den letzten zwei Jahre war ganz klar der Durchbruch der Wissensvermittlung mittels virtuellem Unterricht. Kaum ein Weiterbildungsanbieter kann es sich seitdem noch leisten, nicht fit zu sein im Bereich Online-Learning oder -Coaching. Dieser Paradigmenwechsel hat sich weiter verstärkt und zwangsläufig ist eine Steigerung der Anwender- und Umsetzungskompetenz bemerkbar. Dies hat für eine «Disruption» mit komplettem Umdenken in den Weiterbildungsinstituten gesorgt.
Aber es macht sich auch etwas Ernüchterung breit, wenn es um den so viel gepriesenen hybriden Unterricht geht. Dass Studierende gleichzeitig im Seminarraum sitzen und von zu Hause aus teilnehmen, habe für eine neue methodische Herausforderung gesorgt. Hier habe man erkannt, dass ein methodisch hochwertiger Unterricht schwierig zu gestalten sei. Auch auffällig: Die sehr hohe Nachfrage nach Coaching-Ausbildungen. Darüber und zu weiteren Themen haben wir mit Lernwerkstatt Olten CEO Daniel Herzog gesprochen.
Daniel Herzog, wie haben Sie als CEO der Lernwerkstatt (LWO) die Trends und Entwicklungen der Branche im 2022 wahrgenommen? Haben sich die meisten Trends aus dem Jahr 2021 nur weiterentwickelt oder gab es sogar ganz neue Erkenntnisse?
D. Herzog: Der Branchenmonitor des Schweizerischen Verbands für Weiterbildung (SVEB) zeigt auf, dass die Schweizer Weiterbildungsanbieter die Entwicklung der Branche leicht positiv einschätzen. Hier gibt es aber Unterschiede. Branchen mit hohem Wettbewerb, wie zum Beispiel Sprachschulen, oder auch Anbieter, die ihre Aufträge via Submissionsverfahren erhalten, blicken weniger optimistisch in die Zukunft. Und: Der Trend zur Digitalisierung schreitet weiter voran. Beim hybriden Unterricht, wo Studierende gleichzeitig im Seminarraum sitzen und von zu Hause aus teilnehmen, hat sich jedoch etwas Ernüchterung breitgemacht. Hier hat man erkannt, dass ein methodisch hochwertiger Unterricht schwierig zu gestalten ist.
Sie sind CEO eines führenden Weiterbildungsunternehmens in der Schweiz mit einem sehr breiten Angebotsportfolio. Gab es bei der Lernwerkstatt Olten die erwartet erfolgreichen Bildungsangebote? Wurden Sie sogar positiv oder eventuell negativ überrascht vom Erfolg oder Misserfolg neuer oder seit Jahren bestehender Lehrgänge? Wie ist diesbezüglich Ihre Analyse und das Vorgehen für 2023?
Im Bereich Erwachsenenbildung mit den ganzen SVEB-Abschlüssen erfreuen wir uns nach wie vor einer sehr guten Nachfrage. Mit der Revision der Angebote wird sich aus meiner Sicht die Attraktivität der Ausbildung sogar noch steigern. Im Coaching-Bereich überrascht mich vor allem die hohe Nachfrage nach Angeboten, die zu 100 Prozent online durchgeführt werden. Ab 2023 bieten wir mit dem Dipl. Job Coach und dem Dipl. Business Coach zusätzliche Spezialisierungen an, welche einem grossen Bedürfnis der Wirtschaft entsprechen. Wir freuen uns auch über den erfolgreichen Start unserer Marke «TA Schweiz». Hier bieten wir Weiterbildungen in Persönlichkeitsentfaltung und Transaktionsanalyse an. Im 2023 startet zudem unser neuer Bereich Personalmanagement mit den Lehrgängen «HR-Assistent/in HRSE» und später «HR-Fachfrau/HR-Fachmann mit eidg. Fachausweis».
Im vergangenen Jahr bezogen insgesamt 16’708 Personen Bundesbeiträge für die Höhere Berufsbildung. Seit 2018 sind sowohl die Zahl der Bezügerinnen und Bezüger als auch die Summe der Beiträge deutlich gestiegen. Wird dieser Trend weiterhin anhalten? Wenn ja, warum, wenn nein warum nicht?
Seit dem Jahre 2017 werden vorbereitende Lehrgänge auf Berufsprüfungen und auf Höhere Fachprüfungen vom Bund im Umfang von 50 Prozent der Kurskosten subventioniert. Der Lehrgang «Ausbilder/in mit eidg. Fachausweis» kostet beispielsweise statt rund 14’000 Franken im Endeffekt «nur» noch 7’000 Franken. Dies hat die Attraktivität des Tertiär B-Bereichs (eidgenössische Fachausweise und eidgenössische Diplome) enorm gestärkt. Der Effekt der Subventionierung wird wahrscheinlich bald einmal ausgeschöpft sein. Es ist somit weiterhin wichtig, die Vorzüge der Berufs- und Höheren Fachprüfungen gegenüber der dem Tertiär A-Bereich (Hochschulen) zu kommunizieren, diese inhaltlich attraktiv zu halten und den Absolventinnen und Absolventen endlich einen international gut verständlichenTitel zu vergeben.
Während bei der Berufsprüfung der Geschlechteranteil 2021 einigermassen ausgeglichen war (44 Prozent Frauen), verschiebt sich das Gleichgewicht bei der höheren Fachprüfung deutlich. Der Frauenanteil betrug dort lediglich 26 Prozent. Wie kann man diesem Trend entgegenwirken? Allerdings überwogen die Männer nicht in allen Bereichen. Wie kann man als Weiterbildungsunternehmen die Frauen noch mehr motivieren, sich noch etwas mehr für Weiterbildungen, beispielsweise in technischen Berufen, zu interessieren?
Diesen Effekt beobachten auch wir bei der Lernwerkstatt. Bei den Berufsprüfungen Ausbilder/in und Betriebliche/r Mentor/in überwiegt der Anteil der Frauen sogar. Die Höhere Fachprüfung Ausbildungsleiter/in absolvieren dann mehr Männer. Hier zeigt sich das gleiche Bild, wie man es beispielsweise in Führungspositionen oder in Verwaltungsräten beobachtet. Es gibt viele Initiativen, damit man vor allem auch in technischen Berufen den Frauenanteil erhöhen kann. Gesellschaft, Wirtschaft und Politik sind in diesem Bereich weiterhin sehr gefordert.
Wie lautet Ihr Fazit für das Jubiläumsjahr 2022 mit dem grossen Fest im Sommer und wie sind Ihre Erwartungen für 2023?
Insgesamt sind wir mit dem aktuellen Jahr zufrieden und blicken gespannt in das neue Jahr. Wir erwarten, dass die Weiter- und Neuentwicklungen unserer Angebote auf eine gute Resonanz stossen und sind überzeugt, dass unsere Investitionen in die Digitalisierung den Teilnehmenden einen zusätzlichen Mehrwert bieten.